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Wütendes Kleinkind

Warum kleine Kinder hauen, beißen, schlagen: Eine Erklärung und konkrete Tipps, damit umzugehen.

Hilfe, mein Kind ist bissig!

Ich dachte ja, ich hätte schon alles erlebt…

Also, als Mutter, so nach 19 Jahren Mutter sein.

Bis mein drittes Kind mit nicht ganz 2 Jahren seine Bissigkeit entdeckte.

Autsch!

Mein drittes Kind war schon früh ein willensstarkes, eigenständiges, sogenanntes autonomes Kind, so wie Jesper Juul Kinder wie ihn bezeichnete.

Und den Konflikt zwischen dem, was er als Zweijähriger wollte und dem, was gerade möglich war, drückte er sehr körperlich aus.

Durch Hauen und eben auch durch Beißen.

Das war durchaus eine Herausforderung für mich, denn so kleine Kinderzähne können ganz schön weh tun.

Warum machen die das überhaupt?

Also beißen, hauen, kratzen, schlagen, ob ihre Eltern, Geschwister oder Kindergartenkumpels.

Um die Gründe, warum Kinder hauen und was dann sofort und langfristig hilft, darum geht es in diesem Artikel.

Du erfährst:

  • die 7 häufigsten Gründe, was genau hinter dem Verhalten deines Kindes steckt.
  • 4 absolute NoGos, wenn dein Kind haut, tritt oder beißt.
  • 7 langfristige Strategien, damit dein Kind mit dem Hauen und Beißen aufhört.
  • 5 konkrete Schritte, was du machen kannst, wenn dein Kind haut.

Erst mal vorweg: Nur weil ein Zweijähriger haut, wird aus ihm kein zwanzigjähriger Schläger. 

Wenn du Mama oder Papa von einem kleinen Kind bist, was 2, 3 oder 4 Jahre alt ist, dann kennst du das sicher. Kleine Kinder hauen manchmal ziemlich kräftig. 

Sie kratzen, sie beißen oder kneifen und das kann Eltern oft recht wütend machen. 

Die Frage ist: Warum tun die das? 

Warum hauen sie und das obwohl wir immer sagen: „Hey nicht hauen. Ich will das nicht!“

Sie tun es trotzdem immer und immer wieder.

Heute möchte ich   darauf eingehen, warum kleine Kinder hauen und wie wir ihnen helfen können.

Erstmal ist wichtig zu wissen, dass es ein völlig übliches Verhalten ist. So gut wie alle kleinen Kinder hauen mal, beißen mal oder kratzen mal. Manche sind eben eher ausgeprägte Beisser die anderen hauen mehr oder schubsen. Es ist also etwas, was kleine Kinder.

In Wahrheit gibt es nur ganz ganz wenige kleine Kinder, die das nie oder selten tun.

Dein Kind ist also nicht unnormal oder übermässig aggressiv, wenn es in diesem Alter haut.

Das ist einfach Teil seiner Entwicklung.


Wann fängt ein Kind mit Hauen an und wann hört das Hauen endlich auf?

Die meisten Kinder zeigen ein Verhalten wie hauen, kratzen oder beißen  erstmalig ab 12 bis 18 Monaten.

Am stärksten drücken sich Kinder in einem Alter von  3 1/2 Jahren durch Hauen oder ähnliches aus. Ab dann nimmt es immer mehr ab, um im Schulalter in der Regel zu verschwinden (Achtung, Ausnahme sind Geschwisterbeziehungen. Da wird noch am längsten gehauen und gestritten!)

Was wollen Kinder, wenn sie hauen?

Hauen bei kleinen Kindern vor allem ein Ausdruck ihrer Frustration, die sie in dem Moment erleben.

Sie erleben etwas, mit dem sie gerade nicht klar kommen und was sie emotional noch nicht verarbeiten können. Sie werden quasi von ihren unangenehmen Emotionen überrollt und suchen ein Ventil, um das nicht mehr zu spüren.

Beispiele, in denen heftige Emotionen in dem Kind entstehen können:

  • Die Mutter kümmert sich um das kleine Geschwisterkind.
  • Ein anderes Kind spielt mit einem begehrten Spielzeug.
  • Der Vater sagt Nein zu einer Bitte.
  • Es wird etwas vom Kind erwartet, was es gerade noch nicht leisten kann.
  • Es ist überreizt.
  • Es ist müde.
  • Es probiert sich aus.

Kleinkinder  erleben in solchen Momenten einen ganzen Blumenstrauss von Emotionen.

Es können  Gefühle wie Wut entstehen. Meist liegt noch ein anderes Gefühl unter der Wut wie Angst oder Frustrationen, Traurigkeit, Hilflosigkeit oder Stress.

Durch die Gefühle entstehen starke Handlungsimpulse die sie aber noch nicht regulieren können. Kleine Kinder sind einfach noch nicht in der Lage, ihre Impulse zu kontrollieren.

Der präfrontale Kortex, also der Bereich im Gehirn, der dafür zuständig ist, entwickelt sich noch.
Bis die Entwicklung des präfrontalen Kortex beendet ist,  braucht es übrigens bis zu 30 Jahre! Aber keine Sorge. Ihre Hauimpulse können Kinder lange vorher regulieren.

Kleinkinder  sind also schlicht und einfach vom Stand ihrer Gehirnentwicklung dazu noch nicht in der Lage, ihre Handlungsimpulse umzuleiten.

Das ist ganz wichtig zu realisieren. Denn gehen wir mit der Erwartung, es kann seine Impulse bereits kontrollieren, an das Verhalten unseres Kindes heran, dann reagieren wir selten unterstützend auf unser Kind.

Viel eher erhöhen wir den Stress beim Kind dadurch noch.

Die Bedeutung von Co-Regulation für die kindliche Regulation.

Um zu lernen, ihre Impulse zu kontrollieren, brauchen sie Erwachsene, die sie coregulieren. 

Das bedeutet, ein Erwachsener hilft dem Kind, sich zu beruhigen und die erlebten Emotionen zu verarbeiten.

Wird dagegen ein hauendes Kleinkind auf sein Zimmer geschickt, „um sich zu beruhigen“, lernt es diese wichtige Kompetenz nicht. Zwar kann es äußerlich nach einer Weile ruhiger werden. Doch in seinem Körper ist es nach wie vor von Stresshormonen überflutet.

Seine Emotionen, so lernt es, sind gefährlich. Da sein Stresssystem in ähnlichen Situationen immer früher anspringt und noch schneller das Kind in einen emotionalen Ausnahmezustand wirft, fällt es ihm noch schwerer, wieder sich zu beruhigen.

Wichtig: Kleinkinder beruhigen sich im Kontakt mit Erwachsenen, nicht ohne den Kontakt.

Eine weitere Fähigkeit, die Kleinkinder noch entwickeln müssen, um allmählich mit dem Hauen aufzuhören, ist Fähigkeit zur Perspektivübernahme. Sich in jemand anders hineinversetzen zu können, diese Fähigkeit entsteht erst ab dem 4. Geburtstag. Und zwar ganz allmählich und ist übrigens erst im jungen Erwachsenenalter abgeschlossen.

Wenn Kleinkinder hauen, dann, weil sie in sich ein großes Durcheinander spüren. Wenn sie nicht wissen wie sie mit diesen Gefühlen, die sie erleben, umgehen sollen und als Ausdruck dessen hauen sie.

Sie hauen nicht, um uns weh zu tun.

Kleinkinder sind noch nicht in der Lage zu verstehen, dass es dem anderen Menschen weh tut, wenn sie ihn hauen.

Auch wenn wir das sagen:  „Hey, das tut mir weh!“, können sie es noch nicht wirklich auf ihr Handeln beziehen.

Das geschieht, weil ihnen die Fähigkeit zur Perspektivübernahme fehlt.

Denn wie gesagt, die Fähigkeit zur Perspektivübernahme entwickelt sich erst ab ca. 4 Jahren und geht auch ab dann nur Schritt für Schritt. 
Dass sie allmählich die Fähigkeit zur Perspektivübernahme erlangen, kannst du am besten beim Versteckspiel beobachten. Kleine Kinder sind noch davon überzeugt: “Wenn ich dich nicht sehe, dann kannst du mich auch nicht sehen.”
Ihre eigene Sichtweise ist im Zentrum ihres Handelns.  Daher sind sie überzeugt, sie sind gut versteckt, wenn sie mitten im Raum eine Decke über sich legen.

Ab einem bestimmten Alter versteht das Kind, das es ja so sofort zu erkennen ist. Es beginnt sich in die Perspektive der Person hineinzuversetzen, die sucht und wählt ab nun andere Verstecke.

Wichtig: Ein Kleinkind haut meist als Ausdruck seiner Frustration und weil es seine Impulse nicht kontrollieren kann und nicht, um uns zu schaden oder zu ärgern.

Nehme sein Verhalten daher nicht persönlich.

Das Verhalten unseres Kindes nicht persönlich zu nehmen ist eine der wichtigsten Lektionen im Elternsein. Du bist weder eine schlechte Mutter noch ein unfähiger Vater, wenn dein Kind haut, kratzt oder beißt.

Dein Kind verhält sich so, weil ihm noch keine andere Option zur Verfügung steht. Sein Verhalten ist gerade sein stärkster Ausdruck, um zu zeigen, wie es ihm geht und was bei ihm los ist.

Co-Regulation als Rahmen für Kinder in heftigen Gefühlen.

Kleine Kinder müssen also erstmal lernen, mit den Emotionen die in ihnen entstehen, umzugehen. Das sind oft heftige Emotionen wie Wut, Angst oder Trauer.

Selbst wir Erwachsene können das nicht immer. 

 

Wenn du in dem Moment, in dem dein Kind dich haut, es heftig anschreist, konntest du selbst deine Emotionen nicht regulieren.

Wenn unsere eigene Reaktion viel stärker als der Situation angemessen war, dann sind wir selbst nicht reguliert. Das passiert auch uns Erwachsenen. Gleichzeitig wird oft von kleinen Kindern erwartet, dass sie sich regulieren.

Unser Kind braucht jedoch einen regulierten Erwachsenen, um sich selbst regulieren zu können. Das ist dann Coregulation.
Denn das Nervensystem und der präfrontale Kortex sind noch nicht so ausgereift, dass sie diesen Prozess alleine schaffen.
Das vom Kind zu fordern schafft noch mehr Frustration beim Kind, weil es dazu gerade nicht in der Lage ist.

Und so kann aus einem zu Beginn kleinen Anlass ein kräftiger Wutausbruch mit Um-sich-schlagen werden.

Kleine Anlässe, in denen etwas nicht so klappt, wie das Kind es sich vorstellt, gibt es im Leben von Kleinkindern reichlich.

Das durchgeschnittene Toastbrot, die abgebrochene Banane, der wackelige Turm…

Hat es an dem Tag schon andere kleine Frusterlebnisse gehabt und ist sein Frustglas bereits voll, reicht ein kleiner Anlass, um einen Gefühlsvulkan auszulösen.

Und dabei haut oder schubst es eben auch. Einfach um eine Entladung für seine Gefühle zu finden.

Es gibt auch noch andere Gründe, warum ein kleines Kind haut.

Die häufigsten Gründe, warum kleine Kinder hauen, sind:

  1. Kommunikation: Kleinkinder haben noch nicht die Fähigkeit, ihre Gefühle und Bedürfnisse so auszudrücken, dass sie verstanden werden.. Das Hauen ist Ausdruck ihrer Frustration und nimmt in der Regel mit zunehmender Kommunikationsfähigkeit sukzessive ab.

  2. Aufmerksamkeit: Kleinkinder können hauen, um die Aufmerksamkeit anderer auf sich zu lenken. Ein Kleinkind bekommt lieber Negativaufmerksamkeit als gar keine Aufmerksamkeit.

  3. Emotionale Regulierung: Kleinkinder können hauen, um sich zu beruhigen oder um sich selbst zu regulieren. Dies kann zum Beispiel vorkommen, wenn sie aufgeregt oder überstimuliert sind.

  4. Imitation: Kleinkinder können Verhaltensweisen von anderen Kindern oder Erwachsenen imitieren, insbesondere wenn sie beobachtet haben, dass diese Person hauen, um ihre eigenen Bedürfnisse durchzusetzen.

  5. Experimentieren: Kleinkinder können hauen, um herauszufinden, welche Reaktion sie von anderen erhalten. Sie können lernen, dass Hauen eine Möglichkeit ist, um eine Reaktion hervorzurufen.

  6. Mangelnde Frustrationstoleranz: Kleinkinder können hauen, wenn sie mit Frustration oder heftigen Gefühlen konfrontiert werden oder wenn sie etwas nicht bekommen, was sie wollen.
    Sie können die aus der Frustration enstehenden Gefühle noch nicht regulieren. Ihnen fehlt die Fähigkeit zur Impulskontrolle.

  7. Körperliche Entwicklung: Kleinkinder können auch aus körperlichen Gründen hauen. Wenn sie z.B. ihre motorischen Fähigkeiten entwickeln, können sie das Hauen als eine Art der Bewegung ausprobieren.

Wie kannst du jetzt aber ganz praktisch damit umgehen, wenn dein Kind haut. Denn natürlich kannst du es bei seiner Entwicklung durchaus unterstützen.

NoGos: Was du auf keinen Fall tun solltest, wenn dein Kind haut:

  • Haue auf keinen Fall zurück. nein, ein Kind lernt nicht, mit dem hauen aufzuhören. Es lernt vielmehr, dass hauen eine legitime Strategie zur Konfliktlösung ist, wenn selbst du das machst.

  • Bestrafe dein Kind nicht für sein Hauen, Beißen oder Kratzen. Strafen führen dazu, dass ist in vielen wissenschaftlichen Studien nachgewiesen worden, dass ein Verhalten verstärkt wird. Mit Strafen würdest du dazu beitragen, dass dein Kind weiter haut. Strafen sind auch der Entzug von geliebten Tätigkeiten wie vorlesen. Sagst du z.B. „Wenn du mich haust, dann mag ich dir nicht mehr vorlesen“, ist das für das Kind eine Strafe, auch wenn es sich für dich anders anfühlt. Seine starken Gefühle, die hinter dem Hauen stehen, werden dadurch noch verstärkt.

  • Werte dein Kind nicht für sein Verhalten ab oder vergleiche es nicht mit anderen Kindern. Kinder, deren Selbstwert durch Worte der Eltern geschwächt werden, können darauf mit Aggressionen oder Rückzug reagieren. Kleinkinder hauen, weil sie gerade noch nicht anders können. Eine Abwertung hilft ihnen in ihrem Entwicklungsprozess überhaupt nicht, sondern stört diesen Prozess.

  • Schicke es nicht auf die „stille Treppe“ oder in sein Zimmer. Ein Ausschluss aus der Zugehörigkeit verursacht bei Kindern körperlich fühlbare Schmerzen und ist eine Strafe. Sie lernen dadurch: „So, wie ich bin, bin ich nicht okay.“ Kinder sehen das nicht als Antwort auf ihr Verhalten. Das können sie nicht trennen, sondern sie fühlen sich durch eine verordnete Auszeit ungeliebt und ungewollt.

Wie ein Kind lernt, nicht mehr zu hauen!

Du kannst deinem Kind helfen, seine Impulse Schritt für Schritt zu kontrollieren. Diese 5 Elemente helfen dabei.

1. Modelling: Vorbild sein! An unserem Verhalten lernen unsere Kinder, wie sie mit starken Gefühlen umgehen können. Kannst du deine Gefühle wahrnehmen und annehmen, wird auch dein Kind das lernen. Sprichst du deine Gefühle aus, lernt es die Namen für die Gefühle und das die Gefühle okay sind. Zeigst du deine Gefühle, ohne unkontrolliert zu handeln, lernt es wichtige Strategien im Umgang mit Gefühlen.

2. Zeit: Ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Alle Kinder entwicklen sich. Die einen sind etwas schneller, die anderen brauchen mehr Zeit, aber alle entwickeln sich. Daher ist es wichtig, nicht mit dem Nachbarskind zu vergleichen, sondern vielmehr dein Kind in seiner Entwicklung individuell zu sehen. Mit dem Hauen aufzuhören ist Teil der normalen Entwicklung. Wann ein Kind damit aufhört ist unterschiedlich. Manche mit 5, andere mit 7.

3. Emotionscoaching: Emotionscoaching bedeutet, dass du dein Kind bei seinen starken Gefühlsausbrüchen – Hauen ist nur ein Teil davon – begleitest. Du gibst ihm die Sicherheit, das es weiter geliebt und angenommen ist und drückst mit Worten aus, was in ihm vorgeht. Höre ihm empathisch zu, ohne es zu bewerten. So lernt es, dass seine Gefühle okay und nicht bedrohlich sind. 

4. Verbindung: Stärke JEDEN TAG die Verbindung zu deinem Kind. Kinder brauchen täglich Verbindungssignal. Ohne diese kann es passieren, dass sie durch körperliche Aggressivität eine Verbindung suchen.

5. Tagesablauf reizärmer gestalten: Die Tage von Kindern sind heute viel voller geworden als noch vor 20 Jahren. Manche Kleinkinder haben nur noch sehr wenig völlig unverplante Zeit im Laufe eines Tages. Doch das, was Kinder brauchen, ist freie unverplante Zeit, in denen sie sich entfalten und regenerieren können. Zu enge Tagesabläufe  führen zu überreizten Kindern. Selbst Kinder, die ihre Impulse schon zeitweise kontrollieren können, verlieren diese Fähigkeit, wenn sie überreizt sind.
Wenn dein Kind oft haut, dann schaue, wie ihr eure Tage entschlacken könnt. 

6. Handle proaktiv. Erkenne, welche Situation zu einem aggressiven verhalten führen und entschärfe diese Situationen im Vorfeld. Haut dein Kleinkind zum Beispiel oft, wenn du dich um das Baby kümmerst, dann verbinde dich vor dem Wickeln noch mal mit dem Älteren. Oder halte die Verbindung zu deinem älteren Kind, während du stillst.

7. Bringe deinem Kind bei, dass Hauen und Schlagen nicht in Ordnung ist und spreche mit ihm über Alternativen. Übe auch mit ihm Handlungsalternativen, um seine Gefühle auszudrücken. Du kannst das auch mit einem Rollenspiel üben. Kinder lieben spielen und alles, was nach einem Spiel aussieht ist eine fantastische Lernsituation.
Mach das jedoch nicht, wenn dein Kind gerade haut. Warte wenigstens mehrere Stunden, bis sich alle wieder beruhigt haben.

Geschwisterbeziehungen – ein weites Feld mit viel Körpereinsatz.

In Geschwisterbeziehungen wird besonders oft getreten, geschlagen oder gekniffen.

Ein Mutter schrieb dazu:

“Die Kleine (fast 4) ignoriert es, wenn der Grosse (6 1/2) Stopp sagt. Sie macht einfach weiter/provoziert ihn, bis er sie schlägt. Dann kommt sie weinend zu mir. Sie können sehr schön miteinander spielen und auch diskutieren. Wenn die Kleine aber etwas im Kopf hat, zieht sie das durch. Oder manchmal habe ich das Gefühl, es ist wirklich nur ein Provozieren (z.B. wenn sie dem Grossen extra in den Weg steht, wenn er sein Auto fahren lassen möchte).”

Kennst du solche Situationen auch?

Was du konkret in der Situation tun kannst, wenn dein Kind dich oder andere haut:

  1. Unterbreche die Handlung mit klaren Worten wie z.B.: „Stopp! Schlagen tut weh. Ich weiß, dass du wütend bist. Benutze deine Worte und sag es mir. Du kannst mir auch anders zeigen, wie wütend du bist, indem du aufstampfst, so etwa.“

  2.  Selbstregulation: Reguliere dich selbst, wenn nötig. Wenn du merkst, dass das Hauen und Schlagen in dir heftige Gefühle hervorruft und du kurz davor bist, selbst die Kontrolle zu verlieren, gebe dir selbst ein innerliches Stoppschild. Trete einen Schritt zurück und verbinde dich mit dir. Atme langsam durch die Nase und länger aus als ein. Zähle deinen Atem. Mache das solange, bis du innerlich ruhiger geworden bist. (Du kannst dir hier kostenlos ein Workbook mit Notfallplan downloaden, was dir klare Strategien für deine eigene Selbstregulation gibt.)

  3. Fühle dich in dein Kind ein. Finde das Gefühl, was hinter seiner Handlung liegt und unter seiner Wut. Fühlt es sich überfordert? Ängstlich? Hilflos? Getrennt von dir? Welches Bedürfnis ist gerade nicht erfüllt? Du kannst das mit Worten ausdrücken, was du vermutest.
    Manchmal wollen das Kinder nicht. Dann sei einfach ohne Worte präsent. Zu viele Worte überfordern Kinder im aufgewühlten Zustand eher. Sie sind dann auch nicht offen und lernfähig, weil ihr Gehirn mit Stresshormonen überflutet ist. Spreche daher so einfach wie möglich und helfe ihm, seine Gefühle zu verarbeiten, in dem du die sichere Basis für dein Kind bist.

  4. Erkenne das Bedürfnis hinter dem Verhalten. Finde das Bedürfnis hinter dem Verhalten deines Kindes. Bedürfnisse zu erkennen ist nicht immer einfach, wenn wir darin nicht geübt sind. Doch je öfter wir das machen, desto leichter fällt es uns auch. Im Kern geht es immer um eines der 4 psychischen Grundbedürfnisse: 1.Bindung und Zugehörig, 2. Autonomie und Kontrolle, 3. Selbstwerterhöhung und 4. Lustgewinn und Unlustvermeidung. (Mehr dazu hier: Youtube-Video)
    Was also kann deinem Kind jetzt helfen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen.

  5. Unterstütze dein Kind darin, sich sein Bedürfnis zu erfüllen, wenn es gerade möglich ist. Gebe ihm zum Beispiel Wahlmöglichkeiten. Oder biete Körperkontakt an. Körperkontakt beruhigt. Aber dränge dich deinem Kind nicht auf. Wenn sein Bedürfnis gerade nicht erfüllt werden kann, dann kannst du das anerkennen. Das ist noch schwierig für ein Kind auszuhalten. Helfe auch deinem Kind, seine Gefühle körperlich zu verarbeiten, zum Beispiel in dem du es einlädst, mit dem Füssen zu stampfen, sich zu schütteln, durchs Haus zu rennen oder auch laut zu brüllen. 

Zum Schluss möchte ich dir noch ein paar ermutigende Worte dalassen.  Verzweifle nicht, wenn all das, was du versuchst, nicht sofort fruchtet. Die eigenen Impulse kontrollieren zu können ist das Ergebnis eines Reifungsprozess und der braucht Zeit.

Was du solange brauchst, ist Geduld. Mit deiner einfühlsamen Begleitung wird dein Kind sich im Laufe der Jahre immer besser regulieren können.
Ich selbst habe 4 Kinder, von denen je nach Temperament alle mehr oder weniger als kleine Kinder eine Zeit hatten, in der sie sich durch hauen oder beißen ausgedrückt haben.

Und bei allem war es damit irgendwann vorbei und sie haben andere Wege gelernt, sich auszudrücken.

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Dagmar

Dagmar Gericke von der Feeling Family®: Ich bin Mutter von vier Kindern im Alter zwischen 9 und 30 Jahren. Außerdem bin ich Kommunikationstrainerin, Theaterpädagogin und Elternbloggerin. Ich bin davon überzeugt, dass wir, indem wir uns selbst und unsere Familien heilen, auch unsere tief zerstrittene Welt heilen. Der Wandel beginnt immer bei uns selbst. Willst du mehr über mich wissen? Dann schaue hier: https://feelingfamily.com/about/
  • Toller Artikel! Viele Eltern sollten sich das mal zu Herzen nehmen. Eine Frage: eine Mutter unterhält sich mit einem Bekannten. Das 3 jährige Kind der Mutter schlägt den Bekannten. Die Mutter sagt zu dem Kind, dass es sich entschuldigen soll oder es geht ins Bett. Das Kind weint, möchte sich nicht entschuldigen und wird ins Bett geschickt. Hätte die Mutter anders reagieren sollen ?

    • Hallo Julia, ich kenne diese Situation leider selber sehr gut. Manchmal werde ich auch selber getreten oder mein Sohn haut mich oder den Bekannten.
      In dieser Situation versuche ich meinem Sohn (4 Jahre alt) mitzuteilen, dass dies nicht in Ordnung ist (also das Treten/Hauen an sich nicht okay ist und er andere bitte nicht treten/hauen soll—er möchte ja schließlich auch nicht getreten/gehauen werden). Ich versuche ihm aber auch gleichzeitig mitzuteilen, dass ich meinen Sohn verstehe, dass er gerade in diesem Moment jetzt frustrierst ist, weil er sich wahrscheinlich unbeachtet bzw. einfach schlichtweg zu wenig beachtet von mir fühlt, da ich mich mit dem Bekannten unterhalte und mich nicht mit ihm beschäftige. Ich versuche ihm zu erklären, dass ich ihn wahrnehme (bzw. höre, wenn er dazu auch noch laut ist) und auch verstanden habe, dass er zb. „weiter“ möchte (oder/und es ihm langweilig ist) , er mir dies aber bitte sagen soll (also mit seinen Worten) und nicht dafür treten/hauen muss.
      Ich knie mich dafür übrigens hin um ihn dabei auf seiner Augenhöhe die Aufmerksamkeit zu schenken (welche ihm fehlt und scheinbar so wichtig ist, dass er dafür sogar tritt/haut). Ich umarme ihn danach auch noch, um meinem Sohn zu zeigen, dass ich ihn noch genauso lieb habe (auch wenn er gerade nicht so reagiert hat, wie ich mir das als Erwachsener wünsche)
      Manchmal funktioniert das, aber es gibt auch Zeitpunkte da sind diese ganzen Erklärungen zu viel „Input“ für ihn . Wenn das so ist, dann nehme ich ihn noch zusätzlich kurz hoch zu mir auf meinen Arm (damit er auf derselben Augenhöhe zu mir ist, solange ich mich noch weiter unterhalte bzw. noch vom Bekannten verabschiede )

      Eigentlich sagen tatsächlich die Meisten zu mir, dass ich in solchen Situationen gegenüber meinem Sohn nur kurze klare „Ansagen“ tätigen soll, aber ehrlich gesagt, ist es mir ein Bedürfnis meinem Kind das so („aufwendig“) zu erklären. Ich hoffe, dass ich so „richtig“ handele und meinen Sohn in seiner Entwicklung damit mehr helfe, denn auch wenn es mir in diesem Augenblick noch nicht so oft gelingt, dass er (mich und )die Situation richtig „versteht“, denke ich, dass dies der bessere Weg ist, als mit ihm zu schimpfen.🫶