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Warum es so wichtig ist, alle Gefühle unserer Kinder anzunehmen und wie wir wieder eine reiche Gefühlssprache lernen

Alle Gefühle sind okay

“Aua!” Das kleine Mädchen hatte versucht, mit ihrem Puky-Rad um die Kurve zu fahren, aber sie rutschte mit dem Rad aus und fiel hin. “Auaaa!!!”, weinte sie und blieb am Boden liegen. Ihr Vater ging zu ihr, wollte ihr hochhelfen und sagte zu ihr: “Ist nichts passiert, ist nichts passiert.”

Hm. Wirklich? Nichts passiert?

Das Mädchen jedenfalls beantwortete die Aussage ihres Vaters mit immer lauter werdenden Weinen. Machte auf ihren Schmerz und ihre Enttäuschung aufmerksam. Wollte gesehen werden. Sie brauchte es, dass die Reaktion des Vaters im Einklang mit ihren Gefühlen stand. Indem er mit seinen Worten ausdrückte, was sie fühlte. Und ihr so helfen würde, die Situation zu verarbeiten.

In unserer Kulter werden  starke Gefühle häufig von Beginn an weggedrückt.

Weint ein Baby, sagen die Eltern oft: „Alles gut, alles gut.“ Sie sind vom Weinen des Babys beunruhigt und wollen es so trösten.

Aber es ist ja nicht gut, sonst würde es ja nicht weinen. Sein Unwohlsein wird mit den Worten “Alles gut” kommentiert, die im Widerspruch zu seinem Empfinden stehen.

Fällt ein Kind hin und tut sich weh, hört es: „Ist doch nicht schlimm.“

Dabei hat es gerade Schmerzen, weint vielleicht und sucht Trost. Stattdessen erfährt es ein Nicht-Ernst-Nehmen seines Schmerzes.

Schreit es vor Wut, weil ihm etwas nicht passt, hört es: „Stell dich nicht so an.“

Es lernt, dass es seinen Widerwillen nicht ausdrücken darf, ohne auf Ablehnung zu stoßen.

So lernen Kinder, ihren eigenen Empfindungen nicht zu trauen. Gefühle auszudrücken ist nicht erwünscht, das kommt beim Kind an. Dabei ist es so wichtig, dass Kinder ihre Gefühle, und zwar alle ihre Gefühle, ausdrücken und benennen können. Denn die Gefühle unserer Kinder sind der Schlüssel zu ihren Bedürfnissen.

“Emotionen sind wie einSchnellzug ohne Bremsen.” Paul Ekmann, Psychologe

Mit unserer Hilfe lernen Kinder, ihren Gefühlen nicht ausgeliefert zu sein.

Kleine Kinder sind vom Stand ihrer Gehirnentwicklung her noch nicht in der Lage, ihre Gefühle selbst zu regulieren. Sie brauchen dabei unsere Hilfe, unsere empathische Begleitung. Bei einem Kind mit starken Gefühlen sind die Alarmsysteme im Gehirn ausgelöst. Eine liebevolle Begleitung hilft dem Kind, seine Stressregulatoren zu entwickeln. Durch dich lernt dein Kind, wie es mit Stress umgehen kann.

Viele Forschungsergebnisse aus der neuen Gehirnforschung belegen, dass fehlende Stressregulatoren im späteren Leben zu psychischen Problemem führen können. Eine liebevolle, empathische Begleitung deines Kindes ist eine gute Vorraussetzung für eine gesunde, psychische Entwicklung.

Freude und Zufriedenheit beim Kind sind für die meisten von uns leicht anzunehmen, aber Wut, Schmerz und Traurigkeit des Kindes machen vielen Eltern zu schaffen.

Weil wir selbst so erzogen wurden, rufen die Gefühlsausbrüche von Kindern in uns heftige Reaktionen hervor. Um diese Reaktionen, die uns beunruhigen, zu verhindern, kommt es zu den Beschwichtigungsversuchen. Oder auch zur Ablehnung ( “Hör auf zu Jammern”).

Das dient uns, aber nicht dem Kind.

Wir kommen selbst in Not, wenn wir nicht wissen, wie wir auf starke Gefühle reagieren sollen. Wir fühlen uns hilflos und überspielen unsere Hilflosigkeit mit Beschwichtigungsversuchen oder auch mit Ärger.

Es hilft, innezuhalten, wenn du merkst, dass dir die heftigen Gefühle deines Kindes zu schaffen machen:

  • Um dich für einige Momente auf deinen Atem zu konzentrieren.
  • Um zu spüren, was das Weinen deines Kindes in dir auslöst.
  • Um dir klarzumachen, dass du nicht verantwortlich für die Gefühle deines Kindes bist.
  • Es sind seine Gefühle. Es ist sein Weinen, seine Wut, seine Freude, seine Begeisterung.
  • Mitgefühl ist nicht gleich Mitleid. Beim Mitleid wirst du traurig, wenn dein Kind traurig ist. Doch dann bist du bei dir und deinen Gefühlen, nicht mehr beim Kind.
  • Deine Aufgabe ist es, es dabei begleiten, zu spiegeln und es auffangen, so dass es sich angenommen fühlt in seinem ganzen Wesen.
  • Das kannst du tun, indem du ihm zuhörst, wenn es traurig ist, ohne zu bewerten.
  • Indem du es hältst, wenn es weint.
  • Indem du da bist, wenn es wütend ist, einfach da und ihm dadurch zeigst: “Ich liebe dich so genauso, wie immer. Du darfst wütend sein. Ich halte das aus.”

Was sind eigentlich Gefühle?

Gefühle sind die Signale unseres Körpers und unserer Psyche. Sie zeigen, wie wir eine Situation verarbeiten, wie wir auf Umweltreize, aber auch auf unseren eigenen Körper reagieren.

Wir fühlen immer, jederzeit.

Allerdings haben viele von uns verlernt, ihre Gefühle zu beachten und wahrzunehmen.

Es gibt Gefühle, die uns zeigen, dass wir eine Situation für uns als erfüllend begreifen. Unsere Befürfnisse sind dann befriedigt.

Typische Gefühle für erfüllte Bedürfnisse sind zum Beispiel beschwingt, munter, lustig, erfreut, glücklich, geborgen, gelassen, satt, zufrieden und viele mehr.

Und es gibt Gefühle, die darauf hindeuten, dass in uns unerfüllte Bedürfnisse drängen. Das sind die Gefühle, die zu einem Konflikt führen können. Gefühle, die aus unerfüllten Bedürfnissen entstehen, sind zum Beispiel einsam, traurig, müde, unruhig, nervös, ängstlich, kraftlos, sorgenvoll, schmerzerfüllt, überlastet und noch einige mehr.

In der gewaltfreien Kommunikation spricht man deswegen nicht von positiven oder negativen Gefühlen, sondern von Gefühlen, die aus erfüllten oder aus unerfüllten Bedürfnissen kommen.

Starken Gefühle bei deinem Kind sind also ein Hinweis, das es etwas braucht, um wieder ausgeglichen zu sein. Manchmal braucht es einfach nur Beistand, ein offenes Ohr, manchmal aber braucht es deine direkte Hilfe. Kinder sind noch sehr klar darin, sich zu äußern, wenn etwas nicht passt. Das ist der Part, der für uns Eltern so anstrengend scheint.

Gefühle sind ein Türöffner zum Inneren des Anderen.

Doch es ist gut, dass Kindern so unmittelbar reagieren. Denn dadurch öffnet sich die Tür zur Verbindung. Indem wir epathisch auf unsere Kinder reagieren, vertrauen sie sich uns an, was sie belastet. Wenn Kinder auf belastende Situationen nicht mehr mit starken Gefühlen reagieren, haben sie bereits die Erfahrung gemacht, dass sie nicht beachtet werden. Sie spüren immer noch, dass etwas nicht in Ordnung ist, aber es fällt ihnen dann viel schwerer, es in ihre Gefühlswelt einzuordnen.

Viele Erwachsene finden erst durch einen Lernprozess heraus, welche Gefühle sie haben und was sie bedeuten. Ein Großteil ihrer Gefühle wird unterdrückt und herauskommt ein diffuses Unwohlsein.

Die Begleitung von Gefühlsausbrüchen bei unserem Kind ist auch eine Reise zu unseren eigenen Gefühlen. Je mehr wir uns unserer eigenen Gefühle dabei bewusst sind, desto freier ist unser Kontakt zu unserem Kind.

Die Gefühle und Empfindungen meines Kindes gehören zu ihm und es hat ein Recht auf alle seine Gefühle, ob es traurig ist oder sich freut, ob es wütend, enttäuscht oder zufrieden ist, all das hat seinen Platz in seinem, in unserem Menschsein

Deswegen: Auch alle deine Gefühle sind okay.

Manchmal bist du traurig, mutlos oder wütend. Verstecke deine Gefühle nicht vor deinem Kind, weil du ein Bild einer Mutter im Kopf hast, die immer lieb und geduldig ist. Dein Kind spürt den Widerspruch. Wenn du deinen Gefühlen Raum gibst, dann erfährt dein Kind durch dich, dass Gefühle auszudrücken okay ist.

Dabei ist es wichtig, dass du deine Gefühle als dein persönliches Empfinden beschreibst und nicht deinem Kind die Verantwortung für deine Gefühle gibst.

Ein Beispiel: Dein Kind möchte gerne mit dir spielen, doch du willst gerade nicht. Statt zu sagen: “Nun reicht’s aber. Ich habe schon dreimal gesagt, es geht jetzt nicht, also hör auf zu nerven”, kannst du sagen: “Ich bin gerade müde und will mich erstmal für eine halbe Stunde ausruhen.” Wenn ich von mir und meinen Gefühlen rede, dann kommt es bei meinem Kind nicht als Vorwurf an. Durch die persönliche Sprache übernehme die Verantwortung für mich selbst. Mein Kind kann jetzt viel freier kooperieren.

Viele Konflikte im Miteinander entstehen, weil wir die Verantwortung für unsere Gefühle und Bedürfnisse nicht übernehmen, sondern sie anderen anlasten. Ganz fatal ist es, wenn wir die Verantwortung dafür unseren Kindern übergeben. Damit sind sie überfordert und reagieren entsprechend mit starken Gefühlen, die uns zeigen, dass ihr Bedürfniss nach Orientierung unerfüllt geblieben ist. Sie wissen nicht, woran sie sind, wenn wir unsere eigenen Gefühle nicht authentisch ausdrücken.

Unsere Kinder sind nicht mit unseren Gefühlen überfordert, sie sind damit überfordert, wenn sie nicht klar erkennen, worum es uns geht.

Es hilft, wenn wir im Alltag immer mal wieder innehalten und spüren, was gerade in uns lebendig ist. Je besser wir unsere eigenen Gefühle vielfältig Ausdruck geben können, desto genauer können wir sie anderen Menschen vermitteln. Wie fühlst du dich wirklich, wenn du sagst: “Es geht mir gut.” Bist du gerade beschwingt und kraftvoll, oder eher heiter und fröhlich? Vielleicht bist du aber auch zufrieden und gelassen. Ausgeglichen und entspannt. Bewegt und gerührt.

So viele Ausdrucksmöglichkeiten.

Und wie fühlst du dich, wenn du sagst: ”Es geht mir nicht gut.” Bist du erschöpft und kraftlos? Unruhig und verspannt. Ängstlich und erschrocken.. Mutlos und sorgenvoll. Hilflos und besorgt. Wütend und schockiert.

Wir haben so viele Wörter, um das zu beschreiben, was in uns vorgeht. Und nutzen nur einen kleinen Teil dieser Wörter. Doch für unser Gegenüber, ob Kind oder Erwachsener, ist es viel leichter, sich mit uns zu verbinden, wenn wir uns mit unseren Gefühlen öffnen.

Unsere Kinder lernen durch uns eine Sprache, die viele Menschen in ihrem Leben nie gelernt haben: Die Gefühlssprache!

Die Gefühlssprache ist das Tor zu unseren Bedürfnissen und unserer Lebendigkeit. Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns im Alltag immer wieder Zeit nehmen, unsere Zustände in die Gefühlssprache zu übersetzen. Und es ist wie mit allen anderen Sprachen. Je öfter wir sie nutzen, desto sicherer sind wir in ihr.

Gefühle sind eine ganz wichtige Säule in der Gewaltfreien Kommunikation.

Wenn du mehr über die Gewaltfreie Kommunikation wissen willst und wie du sie in deinen Alltag mit Kindern einbindest, kannst du dir hier den kostenlosen 4-teiligen Einführungskurs sichern: Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern

Kinderbücher zum Thema Gefühle stelle ich in dem Artikel vor: Kinderbuchtipps zum Thema Gefühle

Es hilft sehr, sich mit der Vielfalt unserer Gefühle zu beschäftigen, um unser Ausdrucksspektrum in Gefühlssprache zu erweitern.

Denn eine reichhaltige Gefühlssprache in der Familie erleichtert die Kommunikation untereinander und schafft eine warme, einfühlsame Verbindung.

Wie sensibel unsere Kinder auf unsere eigenen unterdrückten Gefühle reagieren, habe ich in dem Artikel “Kinder sind Gefühlsseismographen” beschrieben:

Buchtipps zum Thema:

Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn* Der entspannte Weg durch Trotzphasen (*Affiliatelink): *Die mit Sternchen gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links zu Amazon, durch den ich im Falle einer Bestellung eine Provision erhalte, ohne dass für Euch Mehrkosten anfallen.Danielle Graf Katja Seide Beltz Verlag Hier habe ich ausführlicher über das Buch geschrieben.

Wüten, toben, traurig sein* Starke Gefühle bei Kindern Aletha J. Solter Kösel Verlag

Familienkonferenz* Die Lösung von Konflikten zwischen Eltern und Kind Thomas Gordon Heyne Verlag Dieses Buch zog ich kurz nach der Geburt meines ersten Kind aus dem Bücherregal meiner Eltern. Thomas Gordon brachte sein Buch Parent Effectiveness Training, wie es passender in Englisch heißt, bereits 1970 erstmalig heraus. Als einer der ersten bietet Modell der gewaltfreien Konfliktbewältigung für Familien an. Es gibt viele Paralellen aber auch einige Unterschiede zu der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg. Sie haben beide bei Carl Rogers, dem Begründer der klientenzentrierten Gesprächstherapie, gelernt.

Mama, was schreist du so laut?  Wut in Gelassenheit verwandeln* Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern Britta Hahn Jungfermann Verlag Ein gutes Buch, um in Kontakt mit der eigenen Wut im Umgang mit den Kindern zu kommen. Die Wurzeln liegen, wie ja fast immer, in unserer Kindheit. Die Autorin hatte jahrelang selbst mit Wutausbrüchen und Gewalt gegenüber ihren Kindern zu kämpfen. Durch die Gewaltfreie Kommunikation lernte sie, sich selbst Empathie zu geben und alte Verhaltensmuster aufzulösen. So konnte sie ihren Kindern gelassener begegnen. Hier habe ich ausführlicher über das Buch geschrieben.

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Schluss mit Mama-Stress

 

Dagmar

Dagmar Gericke von der Feeling Family®: Eltern-Coach, Theaterpädagogin, Kommunikationstrainerin und Mama von 4 Kindern. "Kinder zu bekommen ist nur der Anfang des Elternseins. Die wirkliche Aufgabe liegt daran, uns unser Leben mit unseren Kindern so zu gestalten, dass sich alle in der Familie angenommen und geliebt fühlen. Und das schließt uns selbst mit ein." Willst du mehr über mich wissen? Dann schaue hier: https://feelingfamily.com/about/