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Entwicklungsphasen beim Kind

Die wichtigsten Entwicklungsphasen von Geburt an

Ein Überblick über die wichtigsten Entwicklungsphasen im Leben eines Menschen.

„Wir wünschen euch alles erdenklich Gute zur Geburt eures Sohnes, der sich auf seinem Weg wie eine Raupe zu einem Schmetterling entfalten wird.“

Dieser Satz, den mir Freunde meiner Eltern auf eine Glückwunschkarte zur Geburt meines ersten Kindes schrieben, ist mir von allen Sätzen als einziger in Erinnerung geblieben. In einem Satz fassten sie das Wunder der Entwicklung zusammen, dem ich ab nun Zeugin sein durfte. Das ist das wunderbarste Geschenk, dass mir das Leben gemacht hat.

Und manchmal hakt es auf dem Weg von der Raupe zum Schmetterling. Die Entwicklung hält einige Stolpersteine für uns bereit. So, wie uns eine Landkarte bei der Orientierung hilft, kann uns es auch helfen, zu wissen: Wo steht mein Kind gerade? Was braucht es in dieser Zeit?

Aber auch: „ Wo stehe ich selbst gerade in meiner Entwicklung? Denn Entwicklung ist ein lebenslanger Prozess.

(Hier habe ich dir Fragen aufgeschrieben, die dir helfen können, wenn du gerade mit deinem Kind in einer Phase feststeckst und Impulse brauchst.)

Die  verschiedenen Modelle der Entwicklung des Menschen.

Wenn du gerade ratlos bist, was in deinem Kind vor sich geht, hilft es, einen Einblick in die wichtigsten Entwicklungsphasen zu haben. Auch die Krisen und Konflikte gehören zur Entwicklung. Ein erfolgreich gelöster Konflikt schafft erst die Vorraussetzung, in die nächste Entwicklungsphase ohne Probleme hinüberzukommen.

Unsere Aufgabe als Eltern ist, unseren Kindern in ihren Entwicklungsaufgaben zur Seite zu stehen. Wenn dir das schwer fällt, kann es daran liegen, dass es in deiner eigenen Entwicklung ungelöste Konflikte gab.

Herrschte  zum Beispiel in deinem Elternhaus eine rigide Sauberkeitserziehung vor, wird dieses Thema dich ganz anders triggern als bei Menschen, deren Eltern damit entspannt umgingen.

(Mehr dazu: Hört das denn nie auf! Über einen anderen Umgang mit herausfordernden Entwicklungsphasen)

Freud und sein Verdienst für die Wahrnehmung der Bedürfnisse des Kindes

Einer der ersten, der diese Phasen beschrieben hat, war der Psychoanalytiker Siegmund Freud. Freud beschrieb als erster, dass kleine Kinder eine eigene Sexualität haben.

Seine Theorie zur Entwicklung wird auch als Theorie der psychosexuellen Entwicklung beschrieben. Nach Freud durchlauft ein Mensch fünf Entwicklungsphasen.

1. Orale Phase (erstes Lebensjahr):

Die Entwicklung beginnt laut Freud mit der oralen Phase, in der ein Baby seine Umwelt mit dem Mund erkundet und daraus Befriedigung zieht. Freuds Verdienst ist es, dass das lustvolle Erkunden des eigenen Körpers von Kindern nicht mehr als schädlich angesehen und bestraft wurde.

2. Anale Phase (1 bis 3 Jahre):

Anschließend entdeckt das Interesse an den eigenen Ausscheidungen und hat als Entwicklungsaufgabe, diese zu kontrollieren. Auch die früher sehr strenge Sauberkeitserziehung wurde durch die Theorie über die anale Phase beeinflusst.

3. Phallische Phase (2 bis 6 Jahre):

In der Zeit entdecken Kinder ihre Genitalien und den ihrer Spielgefährten (Doktorspiele).

Latenzphase: (6 bis12 Jahre):

In der Phase bleiben sexuelle Wünsche im Unbewussten und die psychische Energie wandelt sich in gesellschaftlich akzeptierte Formen. Diese Zeit ist als Zeit äußerer Ruhe gekennzeichnet, da die Veränderungen im Inneren ohne sichtbare Zeichen geschehen.

Genitale Phase (ab Pubertät):

Die letzte der fünf Entwicklungsphasen ist nach Freud die genitale Phase, die mit einer reifen Erwachsenensexualität und einem starken Ich endet.

Wenn in einer der Phasen der psychosexuellen Entwicklung wichtige Bedürfnisse nicht erfüllt werden, kann es zu einer psychischen Störung kommen nach Freud.

In Freuds Theorie wird der Säugling von dem bestimmt wird, was Freud das ES nannte. Heute würden wir dazu das Unbewusste sagen. Anschließend entwickelt sich das Ich und schließlich das Über-Ich, mit dem der Mensch in der Lage ist, seine Triebe zu kontrollieren und ein Leben entlang der gesellschaftlichen Normen zu leben. Viele von Freuds Theorien sind von seinen Nachfolgern weiterentwickelt und verändert worden.

Das Stufenmodell der Psychosozialen Entwicklung

Das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung wurde vom Psychonanalytiger Erik Erikson und seiner Frau Joan Erikson entwickelt.

Der besondere Verdienst der beiden war, das sie erkannten, dass in jeder auch eine psychosoziale Krise gehört, die vom Individuum gelöst werden müssen. Dann geht es in die nächste Entwicklungsphase über. Ebenso sahen sie Entwicklung als einen lebenslangen Prozess, indem es immer um die Ausbildung der Identität geht. Entwicklung endet demnach mit dem Tod.

Die Sexualität hat nach Erikson einen geringeren Stellenwert als die Entwicklung des Ichs. Die eigentliche Entwicklungsaufgabe ist die Entwicklung der eigenen Identität.

Außerdem bezieht er die jeweilige Kultur mit in die Entwicklung ein und sieht auch das Kind in stetiger Wechselwirkung mit seinen Eltern. Eltern sind nicht fertig in ihrer Entwicklung, sondern entwickeln sich auch durch das Kind. Er schreibt dazu:

„Kleine Kinder beherrschen und erziehen ihre Familien genau so weitgehend, wie sie von jenen beherrscht werden: wir können ruhig sagen, dass eine Familie ein Kind erzieht, indem sie von ihm erzogen wird.“

Erikson beschrieb 8 Entwicklungsphasen in der Entwicklung des Menschen.

  1. Säuglingsalter (erstes Lebensjahr) (Zugehörige Krise: Urvertrauen versus Urmisstrauen „Ich werde geliebt, weil ich bin“ In dieser Zeit bildet ein Kind durch Bindungspersonen, in der Regel die Mutter, ein Urvertrauen aus, wenn feinfühlig auf seine Bedürfnisse nach Nahrung, Nähe, Sicherheit und Geborgenheit reagiert wird. Ein Baby erfährt sich selbst in erster Linie durch den Kontakt mit seinen nächsten Bindungspartnern. Geht die Mutter feinfühlig auf die Bedürfnisse des Säuglings ein, entsteht eine sichere Bindung. Werden die Bedürfnisse des Säuglings nicht gestillt, entsteht ein Urmisstrauen (Die Welt ist nicht gut zu mir)
  2. Frühes Kindesalter (1 bis 3 Jahren) ( Krise: Autonomie versus Selbstzweifel und Scham) „Ich bin, was ich will“ In dieser Entwicklungsphase folgt eine Auseinandersetzung zwischen Selbstkontrolle und Fremdkontrolle, auch Autonomiephase genannt. Das Kind braucht in der Zeit das Gefühl, explorieren oder seinen Willen durchsetzen zu dürfen, ohne dass dadurch die Bindung und Geborgenheit, die es im ersten Lebensjahr erworben hat, bedroht wird. Nach Erikson entstehen in Kindern, deren Bedürfnisse und Wünsche als falsch oder gar „schmutzig“ angesehen werden, Gefühle von Scham und Selbstzweifeln. In dieser Entwicklungsphase entsteht beim Kind allmählich ein Selbstkonzept durch die Auseinandersetzung mit der Umwelt.
  3. Mittleres Kindesalter (3 bis 5 Jahren) ( Krise: Initiative versus Schuldgefühl) „Ich bin, was ich mir vorstellen kann zu werden.“ Das Kind identifiziert sich in der Phase stark mit der Mutter oder dem Vater, zeigt Initiative und setzt sich selbst Ziele. Die Entwicklungsaufgabe in dieser Zeit ist, die Balance zwischen Initiative und Schuldgefühlen zu erreichen. Mit stark kontrollierenden und bestrafenden Eltern können sich Schuldgefühle und Angst entwickeln.
  4. Spätes Kinderalter (6 bis Pubertät)(Krise: Werksinn versus Minderwertigkeitsgefühl) „Ich bin, was ich lerne.“ Diese Zeit ist wichtig für die Ich-Entwicklung. Kinder beherrschen in dieser Zeit immer mehr Fähigkeiten, die zu ihrer Kultur gehören. Sind sie damit erfolgreich und erhalten Anerkennung, entwickeln sie ein Bewusstsein für Kompetenz. Gelingt das nicht, können Minderwertigkeitsgefühle entstehen.
  5. Adoleszenz (ab Pubertät) (Krise:Ich-Identität vs. Ich-Identitätsdiffusion) „Ich bin, was ich bin.“ Nach Erikson ist dies die entscheidende Phase für die Ausbildung der eigenen Identität. Der Jugendliche fügt all sein Wissen über die Welt zusammen, will herausfinden, wer er wirklich ist und welche Rolle er in der Welt spielt. Schafft er dies nicht, kann er sich von der Welt zurückziehen und / oder sich Gruppen anschließen, die ihm eine Identität bieten.
  6. Frühes Erwachsenesalter (ab 20 Jahren) (Krise: Intimität und Solidarität vs. Isolation „Wir sind, was wir lieben.“ Die Aufgabe in dieser Entwicklungsstufe ist es, stabile intime Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, womit auch Freundschaften gemeint sind. Für Erikson braucht die reife Liebe die Fähigkeit, Widersprüche und Unterschiede in den Hintergrund treten zu lassen. Wird diese Entwicklungsaufgabe nicht bewältigt, können Selbstbezogeheit, soziale Isolation, aber auch Selbst-Aufopferung entstehen.
  7. Mittleres Erwachsenesalter (ab 40 Jahren) (Krise: Generativität vs. Stagnation und Selbstabsorption  „Ich bin, was ich bereit bin zu geben.“ Generativität bedeutet in dem Sinne, sich um die Zukunft zu kümmern, Kinder in die Welt zu setzen und sich um sie zu sorgen und aufzuziehen. Oder in anderer Weise zum sozialen und geistigen Wachstum der Gesellschaft beizutragen. Die Folge einer Krise in dieser Zeit wäre Leere, Langeweile oder zwischenmenschliche Verarmung.
  8. Höheres Erwachsenesalter (ab 65 Jahren) (Krise: Ich-Integrität vs. Verzweiflung „Ich bin, was ich mir angeeignet habe.“ Entwicklungsaufgabe in dieser Zeit ist die Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben, den Versäumnissen und  Errungenschaften und die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod. Gelingt dies nicht, Kann eine Abneigung vor sich selbst oder anderen Menschen entstehen oder starke Angst vor dem Tod.
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Theory of Mind -oder- Die ganz normale Egozentrik des Kindes

Ein weiterer Meilenstein der Entwicklung eines Menschen ist die Fähigkeit zur Perspektivübernahme.

Ein Kleinkind betrachtet die Welt aus seiner Perspektive, weil das dem Stand seiner Entwicklung entspricht. Piaget spricht von der Egozentrik des Kindes als einen ganz normalen Bestandteil seiner Entwicklung.

Was ich sehe, dann sehen das auch die anderen, was ich nicht sehe, kann auch kein anderer sehen, so denken Kleinkinder noch über ihre Umgebung.

Deswegen verstecken sich Kleinkinder, indem sie sich mitten im Raum eine Decke überziehen. Obwohl für jeden sichtbar, sind sie überzeugt, sich gut versteckt zu haben, weil sie ja auch gerade niemanden sehen können. Sie können sich noch nicht vorstellen, dass die suchende Person etwas anderes sieht als sie selbst. Ähnlich ist auch ihre Gefühlswelt auf sie selbst bezogen.

Die Fähigkeit zur Perspektivübernahme entsteht zwischen dem 3. Und dem 5. Geburtstag und ist auch danach nicht abgeschlossen. Sie erweitert sich stufenweise bis zum Jugendalter.

Ist ein Kind zur Perspektivübernahme fähig, kann es die Position eines anderen Menschen einnehmen und sich in andere Menschen einfühlen.

Das Selbstkonzept

Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung ist es, wenn ein Kind sich als eine eigene Person zu erkennen. Ein Zeichen dafür ist, wenn es beginnt, sich im Spiegel zu erkennen.

Das Selbst entwickelt sich permanent weiter und zwar immer in Interaktion zur Umwelt. Das Kind entwickelt ein Bewusstsein dafür, was es kann (ich kann meinen Namen schreiben) und auch, was es noch nicht kann (ich kann noch nicht Rad fahren). Es nimmt die Unterschiede zwischen sich und anderen Kindern wahr und sucht seinen Platz. Im Jugendalter spielt die erhöhte Selbstaufmerksamkeit und die Fähigkeit zur Selbstreflexion eine große Rolle bei der Festigung des Selbstkonzeptes.

Alle Entwicklungsphasen sind wichtig und notwendig

Entwicklung ist ein fortwährender Prozess. Wenn wir Kinder haben, erleben wir das große Glück, die Entwicklung eines Menschen von Geburt an miterleben zu dürfen. Das ist ein großes Geschenk und bietet eine große Chance; Wir können so noch mal unsere eigene Entwicklung reflektieren und Wunden aus der Kindheit heilen lassen.

Triggert dich eine Entwicklungsphase bei deinem Kind gerade besonders, dann kannst du mit den Fragen, die ich in diesem Artikel aufgeschrieben habe, deine starken Gefühle wandeln: Hört das denn nie auf? Über einen anderen Umgang mit herausfordernden Entwicklungsphasen.

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Dagmar

Dagmar Gericke von der Feeling Family®: Eltern-Coach, Theaterpädagogin, Kommunikationstrainerin und Mama von 4 Kindern. "Kinder zu bekommen ist nur der Anfang des Elternseins. Die wirkliche Aufgabe liegt daran, uns unser Leben mit unseren Kindern so zu gestalten, dass sich alle in der Familie angenommen und geliebt fühlen. Und das schließt uns selbst mit ein." Willst du mehr über mich wissen? Dann schaue hier: https://feelingfamily.com/about/