„Alles nur eine Phase.“
Den Satz hören Eltern oft, wenn das Kind sie durch sein Verhalten an ihre Grenzen bringt. Es will noch bleiben, es will sofort gehen, es will zu dir, nein, doch zu Oma… Anscheinend will es andauernd etwas anderes.
Früher sagte man Trotzphase, heute benutzen aufgeklärte Eltern lieber das Wort Autonomiephase.
Ich habe es auch oft benutzt, aber gemerkt, dass ich immer mehr Schwierigkeiten mit dem Wort Phase habe im Zusammenhang mit dem Leben meiner Kinder.
Eine Phase hat einen Beginn und ein Ende, bevor wiederum die nächste Phase erreicht wird. Also kannst du auf das Ende der Autonomiephase hoffen, in der dein Kind endlich verständiger wird und dir weniger Probleme bereitet, scheint das Wort Phase zu suggerieren.
Doch indem ich etwas als Phase betrachte, kann es passieren, dass ich mein Gegenüber in seinen Bedürfnissen nicht mehr ernst nehme. Nicht jede Verhaltensweise, die Eltern als schwierig empfinden, hat mit dem Bedürfnis nach Autonomie zu tun. Manchmal sucht das Kind auch mehr Nähe und Verbundenheit und wir Eltern wünschen uns mehr Autonomie.
Was nun genau hinter einem Konflikt steckt, kann ich nur herausfinden, wenn ich mich in mein Kind einfühle. Und auch, indem ich spüre, was bei mir gerade los ist. Denn ein Konflikt wird oft durch unsere Reaktion auf das Verhalten des Kindes ausgelöst.
Die Beschäftigung mit verschiedenen Phasen während der Entwicklung kann eine Brücke sein, wenn du versuchst, dass Verhalten deines Kindes zu verstehen. Wenn es dir hilft, einfühlsamer auf dein Kind eingehen zu können, kann es nützlich sein. Es kann eine Grenze sein, wenn es den Kontakt behindert, weil ein Verhalten gleich einer Phase zugeordnet wird, ohne genauer hinzuschauen, was die Ursache ist. Bei dir und bei deinem Kind.
Eine Phase folgt auf die andere
Inzwischen wird fast jedes Verhalten des Kindes, mit dem die Eltern Schwierigkeiten haben, einer Phase zugeordnet:
- Die Schreiphase, auch Drei-Monats-Koliken genannt,
- geht in die Zahnungsphase
- geht in die Fremdelphase
- geht in die Autonomiephase
- geht in die Wackelzahnpubertät
- geht in die Vorpubertät
- geht in die Pubertät und letztendlich
- in die Spätadoleszenz über.
Ich will mich nicht an dem Wort „Phase“ aufhängen, betrachte es in seiner inflationären Benutzung allerdings kritisch. Natürlich gibt es Zeiten, in denen bestimmte Themen in der Familie drängender sind. Es ist durchaus interessant, was bei meinem Kind während der Entwicklung alles geschieht und die phänomenale Funktion unseres Gehirns bewundere ich.
Jedes Kind ist phänomenal und kein Mangelwesen aufgrund dem momentanen Stand seiner Gehirnentwicklung. Es ist in jedem seiner Lebensalter komplett und bringt alles mit, was es braucht, um ein Baby, ein dreijähriges oder zwölfjähriges Kind zu sein. Ein Kind zu sein, darin ist es kompetent, nur oft hören wir ihm nicht zu.
Was braucht mein Kind gerade?
Gehe ich in Kontakt mit meinem Kind, wenn es ihm nicht gut geht, dann spielt es für mich in dem Moment keine Rolle, in welcher Phase es gerade sein könnte. Das Phasendenken kann durchaus den Kontakt behindern. Denn damit laufe ich in Gefahr, mein Kind zum Objekt zu machen, es mit seinen Bedürfnissen nicht ernst zu nehmen. Jeder Konflikt hat eine Ursache. Auch wenn ich die Ursache der Unstimmigkeit gerade nicht herausfinde, so gibt es sie. Indem ich mich einfühle, gebe ich unserer Beziehung die Chance, zu wachsen. Ich gestalte die Beziehung zu meinem Kind aktiv. Warte ich nur auf das Ende einer für mich anstrengenden Phase, bleibe ich passiv.
“Die bockt gerade.” Damit werten Erwachsene die Gefühle von Kindern ab, beschämen sie und geben ihnen das Gefühl, unverstanden zu sein. Dabei brauchen Kinder es, angenommen zu sein, so wie sie sind. Genau in dem Moment. Das ist Liebe in Aktion.
Stell dir vor, du hattest einen sehr anstrengenden Monat, beide Kinder krank, Abgabetermin bei der Arbeit und jetzt kommt deine Schwiegermutter zu Besuch. Dein Mann sitzt mit seiner Mutter plaudernd auf dem Sofa, während du das Essen vorbereitest und Gemüse schneidest. Da rutscht das Messer ab und du schneidest dir in den Finger. Du schreist vor Schmerz und Wut: „Verdammt noch mal, alles muss ich alleine machen.“
„Was schreist du denn jetzt schon wieder rum?“ fragt dich dein Mann und du hörst, wie er zu seiner Mutter sagt: „Sie hat grad ihre Tage, da lässt man sie besser in Ruhe.“
Du fühlst dich unverstanden, allein und weinst.
Annahme bedeutet nicht gewähren lassen
Es ist nicht immer leicht, den anderen anzunehmen, wenn sein Verhalten etwas in uns auslöst, was heftige Gefühle hervorruft. Das ist bei einem Konflikt mit einem Kind nicht anders als bei einem Konflikt mit Erwachsenen.
Mir hilft es, in mir hineinzuspüren, was genau der Annahme entgegensteht, welche Gefühle da sind und welche Bedürfnisse da bei mir wahrgenommen werden wollen.
Außerdem: Annahme bedeutet nicht gewähren lassen. Es ist nur ein Schritt, um in eine Verbindung mit meinem Kind zu kommen, wenn es einen Konflikt gibt.
Autonomieentwicklung ist bei allen in der Familie ein Thema
Deswegen spreche ich mittlerweile lieber von der Autonomieentwicklung und die geht immer weiter, egal, wie alt das Kind oder wie alt der Mensch ist.
Mein jüngstes Kind ist 3, mein ältestes Kind ist 24 und die Autonomieentwicklung ist bei allen meinen Kindern ein Thema. Sie endet nicht, wenn die Kinder 4 oder 5 sind und sich die sogenannte Trotzphase ihrem Ende neigt. Kein Wunder, denn jeder Mensch strebt nach Autonomie, ebenso wie nach Verbundenheit. Das Streben nach Autonomie ist mal stärker und mal schwächer ausgeprägt und auch von Kind zu Kind unterschiedlich. Aber es ist immer da.
Wieviel Autonomie erlaubst du dir selber?
Konflikte entstehen oft durch den Umgang in unserer Gesellschaft und unserer Lebensrealität mit dem Wunsch nach Autonomie und anderen Bedürfnissen.
An welchem Punkt steht deine eigene Autonomieentwicklung?
Gibt es gerade eine Balance zwischen Autonomie und Verbundenheit in deinem Leben oder wünschst du dir mehr von dem einen und weniger von dem anderen? Wieviel Autonomie erlaubst du dir selber?
Mein Sechsjähriger ist neulich zur Oma gegangen, um 2 Tage bei ihr zu sein. Meine Kinder lieben ihre Oma und bei ihr zu sein ist für sie etwas Wunderbares und auch ein Abenteuer, 2 Tage ohne Mama und Papa.
Für mich war die Vorstellung, mal nur meine Kleinste bei mir zu haben, schön. So ging das Autonomiebestreben von meinem Sechsjährigen mit meinen Vorstellungen einher, es gab keinen Konflikt. Nicht so meine Kleinste. Sie weinte bitterlich, denn sie wollte auch bei Oma übernachten. So wie ihr Bruder. Das ging nicht, denn Samuel wollte allein bei seiner Oma sein. Als wir von Oma weggingen, war sie sehr traurig. Ich habe sie in dem Arm genommen, Verständnis für ihre Gefühle gezeigt und sie getröstet. Da sie sich angenommen fühlte, konnte sie bald loslassen und wir hatten noch einen gemütlichen Abend zu Hause.
Gewohnheiten in Frage stellen
Manchmal kommen die Einschränkungen der kindlichen Autonomie von außen, wie zum Beispiel beim Straßenverkehr. Der Straßenverkehr ist eine massive Einschränkung der Autonomie für Kinder und birgt viel Konfliktpotential. Nur weil wir mittlerweile uns damit arrangiert haben, bedeutet es nicht, dass das Kind es genauso wahrnimmt. Da braucht es eine geduldige Begleitung.
Andere Einschränkungen sind durch unseren Lebensalltag und unsere Arbeitswelt bedingt. Ein Kind, dass von all diesen Beschränkungen nichts wissen kann, weil es die Welt noch neu sieht, stellt sie durch sein Verhalten in Frage. Das kann für uns auch eine Gelegenheit sein, unsere Gewohnheiten in Frage zu stellen.
Denn immer im Leben, wenn wir unsere Gewohnheiten in Frage stellen, um neue Wege zu finden und zu gehen, stecken wir voll in der Autonomieentwicklung.
Nämlich in der Ablösung von althergebrachten Verhaltensweisen, die unser Leben einengen können.
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