Nie mehr „ausrasten ohne Vorwarnung“: So bleibst du vor der Klippe stehen
Es gibt diesen einen Moment im Konflikt mit deinem Kind, an dem plötzlich alles kippt.
Eben noch hast du dir fest vorgenommen, ruhig zu bleiben – und im nächsten Augenblick hörst du dich meckern, schreien, drohen oder du fängst an zu weinen.
Danach sitzt du vielleicht da und fragst dich:
„Warum habe ich das schon wieder nicht geschafft? Ich wollte doch nicht so reagieren…“
Genau um diesen Moment geht es hier – ich nenne ihn den Point of no Return.
Das ist der Punkt, an dem dein System überläuft. Ab da fühlt es sich an, als wärst du fremdgesteuert: Dein Körper übernimmt, dein Nervensystem fährt hoch, du bist im Tunnel. Dein Kind wirklich wahrzunehmen oder noch „vernünftig“ zu reagieren, ist dann kaum noch möglich.
Die gute Nachricht:
Du kannst lernen, diesen Punkt viel früher zu erkennen – und Schritt für Schritt dafür sorgen, dass du ihm im Alltag gar nicht erst so nah kommst.
Was passiert am Point of no Return?
Stell dir dein inneres Stresskonto vor.
Jede Kleinigkeit am Tag, die Kraft kostet, zahlt auf dieses Konto ein:
die schlechte Nacht, der Zeitdruck am Morgen, Streit zwischen den Kindern, die hundertste Unterbrechung, der volle Kopf, der eigene Perfektionismus.
Solange noch genug „Kapazität“ da ist, kannst du regulieren: tief durchatmen, einen Schritt zurücktreten, dich sortieren, mitfühlend reagieren.
Aber irgendwann kommt der Moment, an dem dein System sagt: „Stopp, das ist zu viel.“
Genau das ist der Point of no Return. Dein Körper schaltet auf Alarm:
- Herzklopfen, Hitze, Enge in der Brust
- Tunnelblick: Du siehst nur noch das Problem, nicht mehr das Kind dahinter
- innere Sätze wie: „Jetzt reicht’s!“, „Immer dasselbe!“, „Ich kann nicht mehr!“
Ab da läuft dein Notprogramm.
Deshalb fühlt es sich oft an, als würdest du „ausrasten, obwohl du doch weißt, dass es anders besser wäre“.
Der Weg zur Klippe: Viele kleine Schritte
Ich nutze gern das Bild von einer Klippe.
Der Point of no Return ist der Steilhang, bei dem es bergab nur noch rasant nach unten geht. Wenn du direkt an der Kante stehst, reicht ein kleiner Schubs – ein trotziges „Nein!“, ein verschüttetes Glas, ein Streit zwischen den Geschwistern – und du stürzt ab.
Im Alltag kommen wir dieser Klippe oft näher, ohne es zu merken. Nicht durch eine große Sache, sondern durch viele kleine:
- Du lässt deine Pausen aus, „weil gerade keine Zeit ist“.
- Du gehst ständig über deine körperlichen Grenzen.
- Du sagst „Ja“, obwohl alles in dir „Nein“ schreit.
- Du trägst Mental Load und das Gefühl, alles alleine stemmen zu müssen.
- Deine innere Stimme ist hart: „Reiß dich zusammen!“, „Andere schaffen das doch auch.“
Jeder dieser Schritte bringt dich ein Stück näher an den Point of no Return.
Wenn du abends „plötzlich“ explodierst, dann war das in Wahrheit meist das Ergebnis von vielen unbemerkten Schritten auf diese Klippe zu.
Fragen, die dir helfen, deinen Point of no Return zu erkennen
Der erste Schritt, um nicht mehr drüber hinauszuschießen, ist:
Wahrnehmen, was vorher passiert.
Diese Fragen können dir helfen, deine persönlichen Muster zu erkennen:
1. Was bringt mich näher an die Klippe?
- In welchen Situationen merke ich, dass meine Geduld viel schneller weg ist?
- Welche kleinen Dinge heute haben mich schon innerlich genervt, auch wenn ich nach außen ruhig war?
- Überschreite ich gerade meine eigenen Grenzen – Schlaf, Pausen, Essen, körperliche Bedürfnisse?
- Gibt es bestimmte Gedanken, die mich besonders hochpushen (z.B. „Ich muss alles richtig machen“, „Ich darf nicht schwach sein“)?
- Wann sage ich „Ja“, obwohl ich eigentlich „Nein“ meine?
Schreibe dir diese Punkte ruhig einmal auf – du wirst schnell ein Muster erkennen.
2. Was bringt mich weiter weg von der Klippe?
- Was tut mir im Alltag wirklich gut – auch wenn es nur 1–2 Minuten sind?
- Welche kleinen Rituale helfen mir runterzufahren (Tee, frische Luft, kurz das Handy weglegen, Musik, Dehnen)?
- Welche Menschen tun mir gut und geben mir das Gefühl, verstanden zu werden?
- Welche Erwartungen an mich selbst könnte ich ein kleines Stück lockern?
Je klarer du siehst, was dich nähert und was dich entfernt, desto besser kannst du steuern.
Konkrete Schritte, um deinen Point of no Return zu vermeiden
Es braucht nicht den großen radikalen Wandel.
Oft sind es kleine, konkrete Schritte, die schon viel verändern.
1. Mikro-Pausen einbauen
Nicht „irgendwann mal“, sondern bewusst im Alltag:
- 3 tiefe Atemzüge, bevor du antwortest.
- Beim Zähneputzen einmal bewusst die Schultern senken.
- Kurz ins Bad verschwinden, Tür zu, 30 Sekunden in den Bauch atmen.
- Beim Wäscheaufhängen kurz ans offene Fenster gehen und wirklich nach draußen schauen.
Jede dieser Mini-Pausen bringt dich ein kleines Stück weiter weg von der Klippe.
2. Frühzeitig innerlich Stopp sagen
Warte nicht, bis du schon halb am Ausrasten bist.
Wenn du merkst: „Ich werde lauter, mein Ton kippt, mein Körper ist angespannt“, dann:
- Innerlich: „Stopp.“
- Atme einmal bewusst ein und länger aus.
- Wenn möglich, sage laut: „Ich merke, ich werde gerade zu wütend. Ich brauche einen Moment.“
Das ist kein Versagen, sondern Selbstfürsorge – und ein starkes Vorbild für dein Kind.
3. Erwartungen runterdrehen
Ganz ehrlich: Viele von uns sind nicht nur müde, sondern auch überfordert von ihren eigenen Ansprüchen.
Vielleicht hilft dir:
- Die Wohnung darf heute „okay“ statt perfekt sein.
- Das Mittagessen darf auch mal einfach sein.
- Du musst heute nicht auf jede WhatsApp sofort antworten.
- Ein Konflikt mit deinem Kind muss nicht sofort „pädagogisch perfekt“ gelöst werden.
Jeder Anspruch, den du ein bisschen lockerst, nimmt Druck von deinem System – und schafft Abstand zur Klippe.
4. Einen einfachen Notfallplan haben
Je näher du am Point of no Return bist, desto weniger kannst du noch „nachdenken“.
Deshalb ist es so hilfreich, vorher einen klaren Plan zu haben:
- Schritt 1: Wahrnehmen – „Ich bin kurz vor dem Explodieren.“
- Schritt 2: Körper – Füße auf den Boden, ein kräftiger Seufzer, Schultern lockern.
- Schritt 3: Abstand – wenn möglich 30–60 Sekunden aus der Situation rausgehen.
- Schritt 4: Satz an dich selbst – „Ich darf langsam machen. Ich bin nicht in Gefahr.“
Mit der Zeit lernt dein Nervensystem: „Ich habe eine Alternative zum Ausrasten.“
Wenn es doch passiert ist
Niemand schafft es immer, vor der Klippe stehenzubleiben.
Auch nicht mit den besten Strategien.
Wenn du doch geschrien hast:
- Verurteile dich nicht stundenlang.
- Übernimm Verantwortung: „Es tut mir leid, dass ich eben so laut war. Das war nicht okay. Du bist nicht schuld.“
- Nimm dir später einen Moment für dich und frage: „Welcher Schritt heute hat mich der Klippe besonders nah gebracht?“
Jeder dieser Momente ist eine Einladung, dich besser zu verstehen – nicht ein Beweis, dass du versagt hast.
Dein Workbook mit Notfallplan: Unterstützung genau in diesen Momenten
Genau für diese Situationen habe ich ein kostenloses Workbook erstellt:
„Raus aus dem Schimpfen und Schreien“ – mit einem Notfallplan, der dir hilft, dich zu stoppen, bevor du über deinen Point of no Return rutschst.
Im Workbook findest du unter anderem:
- Einen klaren, einfach umsetzbaren Notfallplan für Akutsituationen, den du dir z.B. an den Kühlschrank hängen kannst.
- Fragen, mit denen du deine persönlichen Auslöser erkennst – also das, was dich immer wieder an die Klippe bringt.
- Übungen, mit denen du dein Nervensystem beruhigen kannst (auch wenn du nur wenig Zeit hast).
- Reflexionsimpulse, warum du trotz bester Vorsätze immer wieder in alte Muster rutschst – ohne Schuldgefühle, aber ehrlich und liebevoll.
- Ideen, wie du kleine Schutzinseln im Alltag einbaust, damit du gar nicht erst so nahe an deinen Point of no Return kommst.
Es geht nicht darum, die „perfekte“ Mutter zu werden, die nie laut wird.
Es geht darum, dich selbst besser zu verstehen, frühzeitig zu merken „Stopp, es wird mir zu viel“ – und dann etwas anderes tun zu können, als zu schreien.
Zum Schluss eine Frage für dich:
👉 Welchen kleinen Schritt möchtest du heute gehen, damit du morgen ein Stück weiter weg von deinem Point of no Return stehst?
Wenn du dir dabei Unterstützung wünschst:
Hol dir gern mein kostenloses Workbook mit dem Notfallplan – es kann dein erster, liebevoller Schritt weg von der Klippe sein. 🌿💛
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