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Dramadreieck in der Familie: Warum du immer wieder in Opfer-, Retter- oder Verfolgerrollen rutschst (und wie du rauskommst)

Warum ihr euch in Konflikten immer wieder „im Kreis dreht“ – und wie du aus dem Dramadreieck aussteigst

Stell dir folgende Szene vor (vielleicht musst du sie dir gar nicht vorstellen, weil sie sich gestern genauso abgespielt hat 😵‍💫):

Dein Kind sitzt am Küchentisch. Mathe. Arbeitsblatt. Radiergummi schon halb zerbröselt. Es starrt auf die Aufgaben, seufzt dramatisch und knallt dann den Stift hin.

„Ich kann das einfach nicht. Das ist so blöd!“

Zack – da ist er, dieser unsichtbare Sog. Du spürst ihn körperlich: Ein Teil in dir will sofort retten („Komm, ich helf dir…“), ein anderer Teil will durchgreifen („Jetzt reiß dich zusammen!“) – und irgendwo in deinem Haushalt gibt es meistens noch eine zweite erwachsene Person, die ebenfalls in Sekunden eine Rolle übernimmt.

Und plötzlich ist es nicht mehr „Mathe“, sondern ein Drama mit bekannten Rollen, bekannten Sätzen, bekannten Gefühlen – und oft auch bekanntem Ausgang.

Genau dafür ist das Dramadreieck ein fantastisches Modell:

Es hilft dir zu erkennen, welches Muster ihr gerade spielt – und wie du wieder auf Augenhöhe kommst.


Das Dramadreieck – ein Modell, das Konfliktmuster sichtbar macht

Das Dramadreieck kommt aus der Transaktionsanalyse und beschreibt drei typische Rollen, in die Menschen in Konflikten rutschen:

  • Opfer

  • VerfolgerIn

  • RetterIn 

Wichtig: Das ist keine Wertung und kein „Du bist halt so“-Stempel. Es ist eher wie eine Theaterbühne (und ja: Elternalltag IST oft Impro-Theater ohne Probe 😄).

Du erkennst: Ah. Diese Rolle spiele ich gerade. Und allein das schafft schon Abstand.


Was genau sind die Rollen im Dramadreieck

Genau das erfährst du in diesem Artikel. Und auch, welche Rolle du einnehmen könntest.


Rolle 1: Das Opfer – „Ich kann nicht, ich schaff das nicht“

Die Opferrolle wirkt nach außen oft so:

  • hilflos, überfordert, ausgeliefert

  • „Ich kann das nicht!“

  • „Immer passiert mir sowas!“

  • „Du verstehst mich eh nicht…“

In der Mathe-Szene ist das Kind schnell im Opfer: „Das ist so blöd. Ich kann das einfach nicht.“

Und ganz ehrlich: Manchmal fühlt es sich auch für uns Eltern so an: „Ich krieg das hier einfach nicht hin. Ich versage.“

Das Schwierige: In dieser Rolle gibst du oder wer immer gerade Opfer ist, (innerlich) Verantwortung ab – und wartest auf Rettung oder Angriff.


Rolle 2: Der Verfolger – „Jetzt stell dich nicht so an!“

Der Verfolger greift an, macht Druck, beschuldigt:

  • „Du musst dich halt mal hinsetzen!“

  • „Du bist so unkonzentriert!“

  • „Immer muss ich alles hundertmal sagen!“

In der Szene könnte dein Partner (oder du selbst) das übernehmen: „Da muss man sich halt mal hinsetzen und nicht dauernd was anderes machen!“

Der Verfolger fühlt sich oft kurz stark – und danach meistens… nicht besonders stolz.


Rolle 3: Der Retter – „Komm, ich regle das für dich“

Der Retter springt dazwischen, schützt, übernimmt:

  • „Er kann doch nichts dafür!“

  • „Ich mach das schnell.“

  • „Lass mich, ich erklär’s dir.“

In der Mathe-Szene: „Ja, aber er kann nichts dafür – die Lehrerin erklärt das total schlecht! Wenn du ihn jetzt auch noch angreifst, kann er doch erst recht nicht lernen!“

Klingt erstmal liebevoll, oder? Ist es auch oft im Impuls.

Aber: Der Retter nimmt dem anderen (Kind/Partner) unbewusst die Möglichkeit, Selbstwirksamkeit zu erleben. Und genau das hält das Drama am Laufen.


Das Gemeine am Dramadreieck: Die Rollen wechseln blitzschnell

Und jetzt kommt der Teil, der dich wahrscheinlich nicken lässt:

Du bleibst nicht „Retterin“. Du kannst innerhalb von 30 Sekunden vom Retter zum Verfolger werden:

„Wenn du ihn jetzt die ganze Zeit anbrüllst, kann er doch gar nicht lernen! Nun sei doch mal ruhig!“

Und zack – bist du selbst im Angriff.

Dann kann das Kind (Opfer) zum Verfolger werden: „Boah, du nervst! Ihr habt doch alle keine Ahnung!“

Und dann kippt der ursprüngliche Verfolger, in der Geschichte der Partner, plötzlich ins Opfer: „Man kann’s euch ja gar nicht recht machen. Dann macht euren Kram doch allein. Ich geh.“

Kennst du das? Dieses „Und am Ende ist jeder beleidigt und keiner fühlt sich gesehen“-Finale? Willkommen im Dreieck.

Das ist ein Drama, was sich immer wieder wiederholen kann.

Solange, bis einer aussteigt.


Warum das Dreieck nie auf Augenhöhe ist (und sich so mies anfühlt)

In allen drei Rollen ist keine echte Augenhöhe möglich:

  • Der Verfolger ist „oben“ (überlegen).

  • Das Opfer ist „unten“ (klein).

  • Der Retter ist auch „oben“ (ich weiß es besser / ich kann das für dich).

Und fast immer fühlen sich alle Beteiligten unangenehm:

  • Der Verfolger spürt Stress, Ärger, Scham danach.

  • Das Opfer spürt Ohnmacht.

  • Der Retter spürt Überlastung und irgendwann Groll („Immer muss ich…“).


Woher kommt das? Oft ein altes Skript aus der Kindheit

Viele von uns haben früh gelernt:

  • „Ich muss funktionieren.“ (Retter/Verfolger-Tendenz)

  • „Ich darf keine Fehler machen.“ (Verfolger gegen sich selbst)

  • „Ich werde nur gesehen, wenn ich hilflos bin.“ (Opfer-Tendenz)

  • „Ich muss andere beruhigen, sonst eskaliert es.“ (Retter)

Und dann läuft dieses Programm später im Familienalltag wie ein Autopilot.

Das Spannende: Du kannst es umschreiben. Nicht über Nacht. Aber Schritt für Schritt.


Der Ausstieg: Die neutrale Position (OK-OK) einnehmen

Die Alternative ist die neutrale Position: Verantwortung bleibt bei jedem selbst, aber mit Verbindung, Respekt und Klarheit.

Das klappt nicht „auf Knopfdruck“. Es braucht Reflexion – und dann Übung in echten Situationen.

Schritt 1: Werde zur Marktforscherin (nach dem Konflikt)

Wenn es wieder passiert ist (und ja, das passiert 😄), geh gedanklich nochmal rein:

  • Welche Rolle hatte ich zuerst?

  • Welche Rolle hat mein Kind / Partner eingenommen?

  • Wo ist es gekippt?

  • Was war mein Auslöser? (Zeitdruck? Angst? Ohnmacht?)

Schritt 2: Finde deine „Lieblingsrolle“

Viele Eltern haben eine Rolle, die besonders vertraut ist:

  • Retterin (ganz häufig bei bindungsorientierten Eltern!)

  • Verfolgerin (oft, wenn du selbst unter Dauerstress stehst)

  • Opfer (wenn du dich ständig allein gelassen fühlst)

Nicht als Schublade – eher als Orientierung.

Schritt 3: Steig früher aus – mit Mini-Sätzen

Hier sind konkrete Formulierungen, die dich in Richtung neutral ziehen:

Wenn du merkst, du willst retten:

  • „Möchtest du gerne einfach mein Mitgefühl – oder willst du, dass ich mit dir nach einer Lösung schaue?“

  • „Brauchst du gerade meine Unterstützung?“

  • „Was hast du schon probiert?“ (Selbstwirksamkeit aktivieren)

Wenn du merkst, du gehst in den Verfolger:

  • „Stopp. So will ich gerade nicht reden.“

  • „Ich bin grad überfordert und brauche 2 Minuten.“

  • „Ich merke, ich werde laut – ich atme kurz, dann sprechen wir weiter.“

Wenn du merkst, du rutschst ins Opfer:

  • „Okay. Ich merke, ich mach mich gerade klein. Das hilft mir nicht.“

  • „Ich wünsche mir Unterstützung – konkret: Kannst du bitte X übernehmen?“

  • „Ich brauche gerade eine Pause, dann kann ich wieder klar denken.“


Alltagsbeispiele: So sieht „neutral“ im echten Leben aus

Beispiel 1: Hausaufgaben ohne Dreieck

Kind: „Ich kann das nicht!“
Du (neutral): „Das klingt gerade richtig frustrierend. Willst du erst Dampf ablassen oder soll ich mit dir auf die Aufgabe schauen?“
Kind: „Mitgucken.“
Du: „Okay. Sag mir: Was ist der erste Schritt? Ich bleib neben dir.“

➡️ Du rettest nicht „für“ dein Kind – du bleibst an seiner Seite.


Beispiel 2: Geschwisterstreit

Kind A: „Er hat angefangen!“ (Opfer)
Kind B: „Nein, sie! Immer sie!“ (Verfolger/Opfer-Mix)
Du (neutral): „Stopp. Ich sehe zwei Kinder, die gerade nicht klarkommen. Ich bin da. Und ich werde nicht entscheiden, wer schuld ist. Was braucht ihr jetzt, damit es wieder sicher wird?“

➡️ Du steigst aus dem „Richter-Spiel“ aus.

Mehr zum Thema Geschwisterstreit findest du hier: Hilfe, meine Kinder streiten!


Beispiel 3: Partnerschaft – „Du hilfst nie!“

Du: „Ich mach hier alles alleine!“ (Opfer)
Partner: „Stimmt doch gar nicht!“ (Verfolger)
Du (neutraler Neustart): „Okay, ich merke, ich rutsche gerade ins Drama. Ich bin erschöpft. Ich brauche heute Abend eine Pause: Küche aufräumen+ Brotdosen zurechtmachen. Übernimmst du das bitte?“

➡️ Klar, konkret, auf Augenhöhe.

Du brauchst auch nicht alles auszusprechen. Wichtig ist, dass du dir bewusst wirst, was gerade passiert und du aussteigst.


Wenn du dich jetzt ertappt fühlst: Gut. Das ist der Anfang. ❤️

Das Dramadreieck zu erkennen ist kein Grund, dich schlecht zu fühlen. Es ist ein Grund, dich ernst zu nehmen.

Weil hinter jeder Rolle ein Bedürfnis steckt:

  • hinter dem Retten oft Sehnsucht nach Harmonie und Sicherheit,

  • hinter dem Verfolgen oft Überforderung und Ohnmacht,

  • hinter dem Opfer oft der Wunsch nach Unterstützung und Entlastung.

Und genau da setzt echte Veränderung an: nicht bei „Ich muss mich zusammenreißen“, sondern bei:
„Ich verstehe mich – und ich lerne neue Schritte.“


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Dagmar

Dagmar Gericke von der Feeling Family®: Eltern-Coach, Theaterpädagogin, Kommunikationstrainerin und Mama von 4 Kindern. "Kinder zu bekommen ist nur der Anfang des Elternseins. Die wirkliche Aufgabe liegt daran, uns unser Leben mit unseren Kindern so zu gestalten, dass sich alle in der Familie angenommen und geliebt fühlen. Und das schließt uns selbst mit ein." Willst du mehr über mich wissen? Dann schaue hier: https://feelingfamily.com/about/