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Lernen, wie wir wollen

Lernen, wie wir wollen! Warum ich gegen die Schulpflicht bin, aber nicht gegen die Schule!

Es war 1961, da besuchte ein junges unverheiratetes Paar die Eltern der jungen Frau in Hamburg über Nacht. Der Besuch löste bei den Eltern große Angst aus. Sie wollten nicht, dass irgendjemand aus der Nachbarschaft den Besuch bemerkte.

War der Mann ein vielgesuchter Räuber oder gar ein Mörder? Die Frau eine Diebin?

Nein, das junge Paar waren meine zukünftigen Eltern und das Verbrechen meiner Großeltern bestand darin, unverheiratete Menschen zu beherbergen. Damals gab es noch den sogenannten Kuppeleiparagraphen, der die Beherbergung unverheirateter Menschen unter Strafe stellte. Meine Großeltern befürchteten, von Nachbarn angezeigt zu werden.
Kaum vorstellbar heute?

Noch zwei Beispiele von rigiden Gesetzen der frühen Vergangenheit:

Bis weit in die siebziger Jahre hinein oblag der Frau per Gesetz die Pflicht zur Führung des Haushalts. Eine Arbeit durfte sie nur aufnehmen, wenn der Ehemann damit einverstanden war und sie ihre Pflichten im Haushalt nicht vernachlässigen würde. Erst die Reform des Familienrechts 1977 stellte Mann und Frau in dieser Hinsicht gleich.

Bis 1992 hatten Eltern sogar das Recht auf körperliche Züchtigung ihrer Kinder.
Erst seit dem Jahre 2000 haben Kinder das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung.

Viele dieser Rechte, die heute existieren, sind so selbstverständlich für uns, dass wir uns kaum noch vorstellen können, dass es mal anders war.

Gewaltfrei aufzuwachsen, frei über das eigene Leben entscheiden zu können, sind für die allermeisten Menschen wichtige Werte. Doch das, was für uns heute normal ist, erschien noch vor nicht allzu langer Zeit als unmoralisch, falsch oder unzumutbar. Für die Menschen in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war es noch normal, dass der Mann das Oberhaupt der Familie war, dass Sex vor der Ehe gegen die Sitten verstoße. Und Kinder brauchen manchmal eine ordentliche Tracht Prügel, damit sie ihren Eltern „gehorchen“.

Die Gesetze wurden geändert, weil sich die Gesellschaft änderte. Die Menschen wollten nicht mehr, dass der Staat sich in ihr Privatleben einmischte. Es gab Artikel zu den Themen Gleichstellung und Sexualmoral in Zeitschriften, und Menschen, die sich für die Änderung der Gesetze einsetzten.

Zum Glück.

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Was hat das jetzt alles mit der Schulpflicht zu tun?

Sehr viel. Die Schulpflicht ist ein Dogma, dass sehr fest in den Köpfen vieler Menschen steckt. Die meisten Menschen in Deutschland können sich nicht vorstellen, dass es auch einen anderen Weg gibt, um zu der Bildung zu kommen, die ein Kind für sein Leben braucht. Wir sind hier in Deutschland mit der Schulpflicht aufgewachsen, und so akzeptieren viele sie als unabänderlich.

Aber das ist vor allem in Deutschland so!

Im vergangenen Winter war ich mit meiner Familie in Thailand und unterhielt mich dort am Strand mit einem Engländer, der drei Kinder im Schulalter hatte. Als ich ihm erzählte, dass es in Deutschland nicht erlaubt sei, die Kinder zu Hause zu unterrichten, schaute er mich völlig erstaunt an und rief ungläubig: „Really?“
In England ist es sehr unkompliziert, die Kinder zu Hause lernen zu lassen statt sie in die Schule zu schicken. Für Engländer ist dies völlig normal, so wie für uns hier die Schulpflicht. Trotzdem schickt der überwiegende Teil der Bevölkerung die Kinder in die Schule.

Auch in unserem Nachbarland Dänemark gibt es keine Schulpflicht. Vor einigen Jahren besuchte uns eine dänische Familie mit 3 Kindern im Alter von 9, 11 und 13 Jahren. Sie reisten gerade für 4 Monate mit dem Rad durch Europa. Auf meine Frage, wie sie es mit der Schule regeln, erklärten sie, dass es bei ihnen möglich ist, die Kinder selbst zu unterrichten. Der Leistungsstand der Kinder wird durch die Kommunen überprüft.

In vielen europäischen Ländern gibt es statt einer Schulpflicht lediglich eine Unterrichtspflicht oder eine Bildungspflicht, die auch anders als durch den Schulbesuch erfüllt werden kann.

Für mich ist die Schulpflicht ein ebenso starker Eingriff in die persönliche Freiheit wie die vom Gesetz auferlegte Hausfrauenehe oder die gesetzlich kontrollierte Sittenstrenge. Es ist ein Eingriff in die Lebensführung einer Familie. Ab der Einschulung muss die Familie sich an einen von außen bestimmten Zeitplan halten. Flexibilität ist ein Fremdwort für Familien.

Außerdem ist die Schulpflicht in Deutschland ein Misstrauensvotum an alle Eltern. Ihnen wird nicht zugetraut wird, selbstverantwortlich im Interesse ihrer Kinder zu handeln.
Die Argumente für die Schulpflicht sind unter anderem:

  • “Sogenannte Unterschichtskinder würden sonst nicht in die Schule geschickt werden.”
    Diese Vermutung lässt sich nicht belegen. In vergleichbaren Ländern ohne Schulpflicht gibt es teilweise sogar eine größere Bildungsgerechtigkeit als in Deutschland. In Ländern, in denen Kinder zu Hause lernen, sind dies vor allem Kinder aus bildungsnahen Familien.
  • “Ohne Schulpflicht würden viele Menschen kein Mindestmaß an Bildung erhalten.”
    Es gibt ca. 7,5 Millionen funktionale Analphabeten in Deutschland. Trotz Schulpflicht. Da scheint ja irgendwas nicht geklappt zu haben.
    Ein Kind was nicht in die Schule will, wird dorthin gezwungen. Ob es etwas lernt, ist zweitrangig. Hauptsache, es geht in die Schule. Nicht Bildung ist das Ziel, sondern die Erfüllung der Schulpflicht. Wenn ein Kind nicht in die Schule will, hat es dafür Gründe. Diese Gründe werden selten ernst genommen.
  • “Die Schule ist wichtig für das soziale Lernen.”
    Ja, sicher, es gibt viele Menschen, die wunderbare Freundschaften in der Schule geschlossen haben und sich dort wohlfühlten. Aber es gibt auch Menschen, bei denen das nicht so war. Sie waren in der Schule unglücklich, wurden gemobbt und die Schulzeit war eine Qual für sie. Für diese Menschen klingt es wie Hohn, wenn jemand vom sozialen Lernen in der Schule redet. Denn das soziale Lernen in der Schule kann manchmal sehr negativ sein und löst nach Mobbingerfahrungen manchmal psychische Probleme und Sozialphobien aus.
  • “Später kann man auch nicht machen, was man will.”
    Wirklich nicht? Nie wieder habe ich so wenige Möglichkeiten, über mein eigenes Leben zu entscheiden wie als Schüler. Selbst Sechzehnjährige können noch zum Schulbesuch gezwungen werden. Als Erwachsener kann ich nicht zu einer Arbeit gezwungen werde.
    Ich habe die Möglichkeit, zu kündigen, mich selbstständig zu machen und vieles mehr. Wenn ich will, kann ich mich komplett ausklinken und mir mein tägliches Geld durch Flaschensammeln verdienen. Sicher ist das keine erstrebenswerte Option, aber ich nenne sie, um zu zeigen, dass wir die Wahl haben. Ein Kind hat sie noch nicht.
    Viele Erwachsene leben nicht wirklich selbstbestimmt, weil sie es nicht kennen. Die Schule hat sie auf ein Leben in Unfreiheit vorbereitet. Aber sie könnten sich anders entscheiden, wenn sie wollten.
  • Ohne Schulpflicht würden sich Paralellgesellschaften bilden und extrem Religiöse ihre Kinder isolieren.
    Sogenannte Parallelgesellschaften existieren doch bereits, trotz, oder vielleicht gerade sogar wegen der Schulpflicht.
    Allerdings sehe ich auch die Gefahr, dass bestimmte Gruppen ihre Kinder in einem geschlossenem System aufwachsen lassen wollen, um zu allein nach ihrem Sinne zu formen. Solche Menschen sind aber keine Freilerner. Freilernen schließt Offenheit für andere ein.

Damit Kinder nicht darunter leiden, wenn sie in einem dogmatischen Elternhaus aufwachsen, ist es wichtig, die Gesetze zum Schutz von Kindern konsequent anzuwenden. Denn Kinder haben das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung, was auch psychische Gewalt mit einschließt. In den Berichten über extremreligiöse Gemeinschaften wie die 12 Stämme, gab es meistens starke Hinweise auf körperliche und psychische Misshandlung. Und da ist es absolut notwendig, sofort zu handeln. Die Gesetze und Grundrechte bieten eine ausreichende Grundlage zum Eingreifen, dafür brauchen wir keine Schulpflicht.

Was gibt es denn für Alternativen zur Schulpflicht?

In anderen Ländern gibt es zum Beispiel eine Bildungspflicht, die auf unterschiedliche Weise erfüllt werden kann.

Es gibt unglaublich viele Alternativen. Wir leben in einer Welt, in der Bildung nicht an einem festen Ort gebunden ist .

  • Kinder, die das gerne möchten, könnten nach wie vor in eine Schule gehen, eine Staatsschule, eine freie Alternativschule oder eine andere Privatschule. Je mehr unterschiedliche Schulen es gibt, umso besser. Es gibt nicht die Schule oder das Lernsystem, das für alle Kinder passt. Schulgründungen müssten einfacher werden, so dass es ein genügend großes Angebot an unterschiedlichen Schulen gibt. Die Schulen könnten zusammenarbeiten und voneinander profitieren.
  • Anderen Kinder lernen lieber zu Hause, unterstützt von ihren Eltern und anderen Menschen. Im Internet gibt es inzwischen ein vielfältiges Angebot für freilernende Kinder.
  • Manche Familien schließen sich in Lerngruppen zusammen und unterstützen sich gegenseitig, sowohl in den Lernangeboten, als auch in der Betreuung ihrer Kinder.
  • Einige Familien reisen als Worldschooler, zeitweise oder dauerhhaft, um die Welt und lassen ihre Kinder Erdkunde, Geschichte und Sprachen vor Ort erfahren.
  • Es könnte ein öffentliches Kursangebot für Schüler geben, ähnlich den Volkshochschulen, aus denen sich Schüler nach dem Baukastensystem ihre Bildung selbst zusammensuchen.Dabei könnte es Intensivkurse zu bestimmten Themen geben, die die Kinder vertiefen wollen.
  • Die Lernzeit könnte flexibel gestaltet werden mit einen fließenden Wechsel  vom Freilernen zur Schule und zurück. Manche Kinder wollen vielleicht eine Zeitlang zu Hause lernen, aber nicht ihre gesamte Schulzeit.

Es gibt so viele gute weitere Ideen, wie eine Bildung ohne Schulpflicht gewährleistet werden kann und wie sie sogar noch viel interessanter und spannender sein kann als das, was wir gerade haben. Die Schulpflicht engt all die Möglichkeiten auf eine ein: Zur Schule gehen!

Die Grenzen werden nur in den Köpfen der Menschen, aber nicht durch die Lernlust der Kinder gesetzt. Denn die ist, wenn sie sich in ihrem Rahmen entfalten kann, unendlich.

Lasst uns dafür einsetzen, dass die Schulpflicht wie die oben genannten Gesetze bald der Vergangenheit angehört und stattdessen etwas entsteht, was bunter, lebendiger und inspirierender ist.

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Dagmar

Dagmar Gericke von der Feeling Family®: Ich bin Mutter von vier Kindern im Alter zwischen 9 und 30 Jahren. Außerdem bin ich Kommunikationstrainerin, Theaterpädagogin und Elternbloggerin. Ich bin davon überzeugt, dass wir, indem wir uns selbst und unsere Familien heilen, auch unsere tief zerstrittene Welt heilen. Der Wandel beginnt immer bei uns selbst. Willst du mehr über mich wissen? Dann schaue hier: https://feelingfamily.com/about/
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  • Wie schafft man es, immer wieder wird argumentiert und nie kommt man davon weg. Meine Tochter soll nächstes Jahr in die Schule kommen. Ich möchte es so ungern 😩 ich hätte gerne alternativ die Möglichkeit sie zuhause zu lassen. Es ist furchtbar wenn ich daran denke, dass sie nach ein paar Jahren keine Lust mehr hat freiwillig zu lernen…